LEWI Projekttagebuch * 16.02.2020

So war FamiliienWERTEkongressnachmittag: Forumtheater "Der Planet der Würdevollen!"

Die Forum-Theateraufführung war ein Experiment, zu dessen Gelingen das großartige Ensemble von playful-thinking ebenso beigetragen hat wie das lebendige Publikum. Der Nachmittag hatte eine ganz besondere Kraft und war für alle Beteiligten eine besondere Erfahrung.

Begonnen hat das Forumtheaterstück "Der Planet der Würdevollen" mit einer Begrüßung durch Christof Düro (Moderation, Text, Regie). Einige Zuschauer*innen kannten ihn bereits aus einem

auf deren Grundlage die mitgebrachten Szenen entstanden sind. Der Moderator hat das Publikum eingeladen mittels des Froumtheaters Hndlungsmöglickeiten für Siutationen zu erarbeiten, in denen das Recht auf Würde und Respekt vorenthalten bleibt.

  • "(...) Ich war ja auch schon im letzten Jahr hier und habe einigen von Ihnen zugehört und versucht aus Ihrem Alltag zu lernen. Danach habe ich mich gefragt: „Ist das denn überall so?“ „Gibt es vielleicht doch noch bessere Welten?“ und mich auf die Suche gemacht. Ich muss Ihnen sagen, ich habe sehr entfernte Orte gesehen und überall scheint mir das ähnlich zu sein. Immer wenn „Fremdes“ auf „Gewohntes“ trifft gibt es Probleme."
  • (Auszug aus dem Theaterstück "Der Planet der Würdevollen")

Die mitgebrachten Szenen spielen auf dem Planet Pluto. Der Moderator berichtet dort als erster und einziger Erdenmensch zu Besuch gewesen zu sein. Begegnet ist er dort einem Plutianer und einer Marsianerin. Beide Wesen stellt er dem Publikum vor.

Marsiana (gespielt von Kristin Giertler) musste vom Mars auf den Pluto fliehen. Feuerbrünste haben ihre Heimat (Mars) in Schutt und Asche gelegt. Sie hat alles verloren. Geld. Heimat. Papiere. Letztere kann sie nicht mehr bekommen, weil die Behörden auch abgebrannt sind. Ihr Sohn hat eine kognitive Beeinträchtigung.. Außerdem wurden seine Lungen während der Brände in Mitleidenschaft gezogen. Er braucht alle 4 Wochen eine Sauerstoff Infusion, die er vom Amt rationiert zugeteilt bekommt.

Herr Sparfixius (gespielt von Martin Wagner) arbeitet seit 15 Jahren im Sozialamt 14 des Planeten Pluto. Er wird auch Amtssherlock genannt, weil er sehr darauf bedacht ist Betrügereien aufzudecken. Kurz vor Marisanas Eintreffen erhält er von seinem Vorgesetzten den Auftrag die liegengebliebene Arbeit eines erkrankten Kollegen mit zu übernehmen. Er ist aufgebracht als die junge Mutter bei ihm an die Tür klopft.

Das Publikum wird im Folgenden zum Zeuge eines unschönen Szenarios in einem Amt auf dem Planet Pluto.. Der jungen Frau wird die dringend notwendige Sauerstoffration für ihr Kind wegen fehlender Papiere verweigert. Sie kann die Unterlagen nicht beschaffen und sorgt sich um ihr Kind.. Die Situation ist geprägt von der Ungeduld des Sozialamt-Fachangestellten und der Hilflosigkeit der jungen Frau. Schließlich wird sie von Herrn Sparfixius weggeschickt:

  • "Ja, ja Sauerstoff, den wollen hier immer Alle, unseren guten Sauerstoff. Aber wir haben hier nix zu verschenken. Wiedersehen und kommen Sie erst wieder, wenn Sie die Formulare haben. Jetzt mach ich erst mal Mittag."

Der Moderator wendet sich nun an die Zuschauer*innen mit der Frage, was beide ProtagonistInnen an ihrem Verhalten ändern müssten, damit das Gespräch zu einem „besseren“ Ergebnis führt.

Die Vorschläge sind zahlreich und werden von den beiden Schauspielenden direkt auf der Bühne erprobt. Auffällig ist, dass insbesondere die anwesenden Jugendlichen und jungen Erwachsene sehr konkrete Hinwiese für ein respektvolleres Auftreten von Herrn Sparfixius haben. Das zeigt deutlich, dass Forumtheater aus der Perspektive der Unterdrückten gedacht wird und ihre Strärkung zum Ziel hat. Sehr häufig sind insbesondere unsere jungen Zuschauer*innen in der Situation, dass ihnen gesagt wird, wie sie sich zu verhalten haben. Eher selten fragt sie jemand, wie sie das Verhalten anderer einschätzen und was diese ändern könnten, um eine Situation zu optimieren.

Die Mehrzahl der anwesenden Zuschauer*innen identifizieren sich aufgrund ihrer biografischen Zusammenhänge eher mit der jungen Frau als mit Herrn Sparfixius. Dennoch ist es gelungen auch für seine Situation Verständnis aufzubringen. Die Hinweise des Publikums wurden von dem Ensemble auf der Bühne so umgesetzt, dass der jungen Frau ein respektvollerer Umgang zuteil wurde und die Situation für beide Beteiligten zufriedenstellend endete.

In einer weiteren Szene geht es um die Freiheit am Arbeitsplatz das Kopftuch tragen zu dürfen. Die junge Arbeitnehmerin ist wieder Marsiana. Es ist Zeit vergangen. Seit vielen Jahren lebt sie auf dem Planet Pluto. Sie hat die Sprache gelernt und eine Ausbildung zur Pflegehelferin gemacht. Ihr Sohn geht in eine Werkstatt. Sie hat eine Stelle gefunden und der Chef hat ihr bei der Einstellung zugesichert das Kopftuch tragen zu dürfen. Ihr direkter Vorgesetzter (gespielt von Martin Wagner) verlangt am ersten Arbeitstag von ihr, dass sie das Kopftuch ablegt. Auch bei dieser Szene waren die Anwesenden gefordert Stellung zu beziehen, beide Perspektiven nachzufühlen und den Schauspielenden Verhaltenshinweise zu geben. Ebenso wie bei der vorherigen Szene gab es nicht das eine Verhaltensrezept für eine Konfliktlösung. Die Theaterform hat den Zuschauenden an diesem Nachmittag jedoch erfahrbar gemacht, dass sie ihr Recht auf einen respekt- und würdevollen Umgang einfordern können.



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